Wie werden Menschen mit Alkoholabhängigkeit eigentlich behandelt? Klar, sie werden entgiftet, dafür werden oftmals Benzodiazepinen eingesetzt um Entzugssymptomen vorzubeugen. Und dann?
Die neuste AMSP Arbeit von Haack und Kollegen beschäftigt sich genau hiermit. Über 10.000 stationäre Patienten, die zwischen 2000 und 2016 behandelt wurden, wurde hierfür unter die Lupe genommen.
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Das Ergebnis ist aufschlussreich. Am häufigsten wurden Antidepressiva, Antipsychotika, Antiepileptika und Tranquilanzien angewendet. Besonders beliebt scheinen neben verschiedene Benzodiazepine Arzneistoffe zu sein, die eine starke sedierende Wirkung haben, wie Mirtazapin, Trazodon und Quetiapin, und das auch ohne zusätzliche psychiatrische Diagnosen. Viele Patienten werden zudem gleich mit mehreren Psychopharmaka behandelt. Über den Zeitverlauf hinweg hat sich die Anwendungshäufigkeit von Antidepressiva und Antipsychotika verdoppelt, so auch die Anwendung von Tranquilanzien, wohingegen Clomethiazol zunehmend in den Hintergrund gerückt ist.
Der beobachtete Trend, das zunehmende sedierende Arzneistoffe ohne Abhängigkeitspotential Einsatz finden, ist bereits gut bekannt und weist auf den hohen Bedarf an Sedierung in dieser Patientengruppen hin. Trotz gängiger Praxis fehlen hierzu, wie so oft, konkrete Leitlinienempfehlung. Ob dies auch tatsächlich wirksame Behandlungsoptionen sind bleibt offen, in jedem Fall aber gibt diese Arbeit ein Einblick in die tatsächliche Behandlungsrealität.
Der Volltext der Publikation steht Open Access und kostenfrei unter folgendem Link zur Verfügung: Pharmacotherapy for psychiatric inpatients with alcohol use disorder or acute intoxication: results from an observational pharmacovigilance program—status and changes between 2000 and 2016
